Jetzt geht es in die letzte Runde im Hochhausstreit in Haar. Am Sonntag (23. November) sind die Haarer aufgerufen, noch einmal darüber abzustimmen, ob künftig in Haar an geigneten Standorten höher als 19 Meter gebaut werden kann – oder nicht. Entzündet hatte sich der Streit an einem 45 Meter hohen Wohnturm, der am Jagdfeldring/Ecke Münchner Straße geplant ist. Mit Unterstützung der örtlichen CSU möchte eine Bürgerinitiative eine generelle Höhenbegrenzung von maximal 19 Metern für Neubauten in Haar erreichen.

45 Meter hoch soll der Wohnturm an der Ecke Jagdfeldring/B304 werden. Den ein störts, andere finden ihn sogar gut.
„Irgendso eine Abstimmung! Was genau, weiß ich nicht!“ Der junge Mann, den wir am S-Bahnhof in Haar fragten, ob er weiß, worüber er am Sonntag abstimmen soll, ist keine Ausnahme. Hingehen werde er ohnehin nicht. Auch damit steht er nicht allein. Von rund 30 Bürgern, von denen wir am Freitag am Bahnhof, in der Leibstraße und im Jagdfeld wissen wollten, ob sie am Sonntag an die Wahlurne gehen, wusste rund die Hälfte nicht, dass am Sonntag überhaupt ein Urnengang stattfindet und/oder über was sie eigentlich abstimmen sollen. Lediglich zwei hatten bereits per Briefwahl ihre Stimme abgegeben, vier betonten nachdrücklich, am Sonntag ganz sicher zur Abstimmung zu gehen. Wobei sich Befürworter („Noch mehr Hochhäuser braucht Haar nicht“) und Gegner („Wen stört denn das an dieser Stelle!“) die Waage hielten. Die restlichen wollten sich noch nicht festlegen. Auch nicht darüber, ob sie überhaupt zur Abstimmung gehen.
Gut, B304.de sprach nur mit etwa 30 willkürlich ausgewählten Passanten, insofern ist das sicherlich nicht repräsentativ, bestenfalls ein Stimmungsbild. Dennoch könnte genau so das Ergebnis am Sonntag abend aussehen: Der Bürgerentscheid könnte erneut scheitern. Und zwar an der Wahlbeteiligung, die schon beim ersten Urnengang bei unter 32 Prozent lag. Damals hatte zwar das Bürgerbegehren, das einen generellen Höhenstopp auf 19 Meter forderte, mit 2521 „Ja“-Stimmen knapp die Nase vor dem Ratsbegehren (2377 Stimmen), aber das für die Gültigkeit des gesamten Bürgerentscheids erforderliche Quorum von 20 Prozent (das wären 3048 Stimmen) wurde von keinem der beiden Begehren erreicht. Damit war der Bürgerentscheid insgesamt gescheitert. Die geringe Wahlbeteiligung bedeutet im Umkehrschluss, dass über zwei Drittel der Haarer Bürger die Frage, wie hoch künftig in Haar gebaut werden kann/soll, nicht interessiert.

Ja oder nein? Die Entscheidung haben die Haarer am Sonntag in der Hand. Wenn sie denn ihre Stimme abgeben (wollen). (Foto: B304)
Bekanntlich wurde das Ergebnis kurz darauf auf Betreiben des CSU-Landtagsabgeordneten Ernst Weidenbusch vom Landratsamt wegen vermeintlicher Wahlbeeinflussung angefochten, worauf im September der Gemeinderat dann die Wiederholung des Bürgerenscheids beschloss und gleichzeitig das Ratsbegehren zurückgezogen wurde. Zur erneuten Abstimmung steht deshalb am Sonntag nur die Frage „Sind Sie dafür, dass die Gemeinde Haar beim Bau von Hochhäusern (auch bereits im Verfahren befindlicher) die maximaler Höhe auf 19 m begrenzt?“
Bürgermeisterin Gabi Müller hätte den Haarer Wählern den erneuten Gang zur Wahlurne gerne erspart, aber die Vertreter der Bürgerinitiative zeigten sich zu keinem Kompromiss bereit. Die hoffen, diesmal die Hürde nehmen zu können. Sollten tatsächlich 3048 Wähler für eine generelle Höhenbegrenzung stimmen, will sich die Bürgermeisterin an das Votum halten, betonte sie, auch wenn die Gemeinde rechtlich nur für ein Jahr an das Ergebnis eines solchen Bürgerntscheids gebunden wäre.
Und was ist, wenn nicht? Wenn das Thema zum zweiten Mal innerhalb von vier Monaten mangels Wahlbeteiligung durchfällt? Dann sollte eigentlich der Weg frei sein, dass man in Haar zu konstruktiver Sachpolitik zurückkehrt. Denn dann müssten Bürgerinitiative und ihre Untestüzer von der CSU endgültig einsehen, dass das Thema die Haarer schlichtweg nicht interessiert.
Am Sonntag abend wissen wir mehr: Die Wahllokale schließen um 18 Uhr, die anschließende Auszählung kann dieses Mal allerdings nicht online auf der Homepage der Gemeinde mitverfolgt werden. Die Wahlleitung rechnet damit, dass das Endergebnis gegen 19.30 Uhr vorliegen wird. Im Anschluss daran gibt Bürgermeisterin Gabriele Müller im Rathaus eine Pressekonferenz, zu der Vertreter aller Gemeinderatsfraktionen sowie der Bürgerinitiative „Mia san Haar“ eingeladen sind. B304.de wird selbstverständlich vor Ort sein und zeitnah darüber berichten.