Der „Umgehungsstraßenbasar“ scheint eröffnet. Nun meldet sich auch der Gemeinderat der Freien Wähler Herbert Uhl zu Wort und präsentiert seinen eigenen Vorschlag zur Ortsumgehung von Weißenfeld und Parsdorf. Er möchte den Grünzug, der nach dem Bau der Autobahn vor 25 Jahren auf der Trasse der B12 entstand, reaktivieren. Damit würde – ähnlich wie bei der vor kurzem von der Agenda 21 präsentierten Variante – der Verkehr, den man eigentlich aus dem Ort heraushaben will, an anderer Stelle durch den Ort hindurchführen. Die Realisierung dürfte ähnlich unwahrscheinlich sein.

Der „Umgehungsstraßen-Basar“ für Parsdorf ist eröffnet: Seit dem Grundsatzbeschluss des Gemeinderats, in dem na sich auf eine „Vorzugstrasse“ einigte (grün), präsentierte zuerst die Agenda 21 einen weiteren Vorschlag (rot) und jetzt auch der FW-Gemeinderat Herbert Uhl (gelb) weitere Vorschläge. (Grafik: B304)

Nicht zu Ende gedacht: Der FW-Vorschlag bietet keine Lösung, wie die Trasse an das vorhandene Straßennetz angebunden werden soll, zudem würde die „Umgehungsstraße“ 30 bis 50 Meter an den Wohngebieten am Tannenweg und der Feldkirchner Straße vorbeiführen. (Grafik/Fotos: B304)
Eigentlich liegt seit Anfang Juni ein Grundsatzbeschluss des Gemeinderats Vaterstetten zur Ortsumfahrung von Weißenfeld und Parsdorf vor. Mehrheitlich einigte man sich damals auf eine „Vorzugstrasse“. Eigentlich könnte die Gemeindedeshalb längst konkret in die Planungen und Grundstücksverhandlungen eingestiegen sein, wäre da nicht jene Teilbürgerversammlung in Parsdorf Anfang Juli gewesen, in der rund 220 Bürger aus Parsdorf, Weißenfeld und Hergolding klar machten, dass sie die vom Gemeinderat favorisierte Trasse alles andere als optimal finden. Unter anderem wurde in der Versammlung eine Bürgerbefragung zur Ortsumfahrung gefordert. Diesem Bürgerwunsch will die Verwaltung nachkommen. Über Form, Inhalt und Umfang dieser Befragung wird der Gemeinderat Vaterstetten in seiner ersten Sitzung nach der sommerpause am 18. September beraten. Nach Vorstellung der Verwaltung soll diese Befragung wie eine (schriftliche) Wahl abgehalten werden. Dazu wird das Einwohnermeldeamt Unterlagen ähnlich einer Briefwahl vorbereiten und allen Wahlberechtigten in Parsdorf, Weißenfeld und Hergolding zusenden. Nach Meinung der Freien Wähler sollten allerdings alle Vaterstettener Bürger ihr Votum zur Ortsumfahrung Parsdorf abgeben, so Pressesprecher Udo Ricke. Da die aufwändige und teure Umfahrung auch Auswirkungen auf den Verkehr in Vaterstetten und Baldham haben werde, würden letztlich alle Bürger nicht nur dafür zahlen, sondern auch darunter „leiden“. Deshalb, so Ricke, sollte über die Umfahrung in Form eines Ratsbegehrens abgestimmt werden.
Reaktivierung der alten B12-Trasse?
Auch anderweitig könnte das Thema Ortsumfahrung deutlich mehr Raum auf der Tagesordnung der Sitzung am 18. September einnehmen, als von der Verwaltung vorgesehen. Denn mittlerweile liegen neue Vorschlage zur Trassenführung vor. Zuerst präsentierte der Arbeitskreises Verkehr der Agenda 21 eine sehr puristische Variante. Und jetzt wirft auch noch der Gemeinderat der Freien Wähler, Herbert Uhl, einen Vorschlag in den Ring. Er schlägt vor, für die Umgehungsstraße den Grünzug auf der Trasse der ehemaligen B12 südlich der Autobahn zu nutzen. Damit ließen sich, so Uhl in seinem Antrag an den Gemeinderat, sowohl die Schwierigkeiten des Agenda-Vorschlags als auch ein teures Brückenbauwerk vermeiden. Zudem wäre das die mit Abstand billigste Lösung mit dem geringsten Flächenverbrauch bzw. der geringsten Durchschneidung von Ackerflächen.
Keine Vorschläge hat Uhl allerdings dazu, wie diese Trasse an das Straßennetz in Parsdorf angebunden werden kann. Im alten Gewerbegebiet lässt sich eine Straße mit der für eine Umgehungsstraße erforderlichen Leistungsfährigkeit kaum realisieren, daran hackt ja auch der kürzlich von der Agenda 21 vorgelegte Vorschlag. Bliebe nur eine Weiterführung durch den Grünzug, in 30 Meter Abstand zu den Wohngebieten am Tannenweg und der Feldkirchner Straße. Aber selbst dann ist nicht wirklich Platz für eine Anbindung an die Gruber bzw. Münchner Straße und damit an das Straßennetz. Ohnehin sorgt diese Idee in Parsdorfer nur für ungläubiges und zorniges Kopfschütteln. Denn nach der Fertigstellung der A94 vor ca. 25 Jahren wurde der West-Ost-Durchgangsverkehr nach Jahrzehnten endlich aus dem Ort verbannt. Uhls Vorschlag würde den Verkehr jetzt wieder in den Ort führen.
Angedacht, aber nicht zu Ende gedacht
Auch anderweitig liest sich der Vorschlag „phantastisch“. Uhl schlägt vor, dass man dann auch die Straße von Parsdorf nach Weißenfeld (EBE 17) auflösen könnte, was eine erhebliche Entlastung des Ortskerns von Parsdorf bewirken würde. Da damit allerdings keine Entlastung von Weißenfeld zu erreichen wäre, zieht Uhl die Planungen für eine Südwestumgehung von Weißenfeld wieder aus der Klamottenkiste. Für die, so schreibt er, hätten sich ja schon einmal mehr als 60 Prozent der Weißenfelder ausgesprochen. Auf eine Weißenfelder Umfahrung könnte nach Meinung von Uhl sogar komplett verzichtet werden, wenn – ja wenn – auf der westlichen Seite des Autobahnrings die B471-neu direkt zur Anschlußstelle Feldkirchen-Ost gebaut werden würde. Was Uhl nicht zu wissen scheint: Diese Planungen, die eine Verlegung der B471 zwischen Feldkirchen und Grasbrunn an die Autobahn vorsahen und Mitte des letzten Jahrzehnts tatsächlich recht konkret waren, sind schon seit Jahren wieder ganz tief in den Schubladen der beteiligten Gemeinden und Behörden verschwunden.
Darüber hinaus präsentiert Uhl gleich noch einen Vorschlag, wie man den Verkehr aus Richtung Wolfesing von Weißenfeld fernhalte könnte, nämlich durch eine Verbindung zwischen der B 304 bei Zorneding mit der Einmündung der Flughafentangente-Ost (FTO) in die A94 bei Anzing. Auch das ist keine neue Idee, die – auch wenn sie sich im Wahlprogramm der Freien Wähler findet – seit Jahren vom Tisch ist. Nicht zuletzt aufgrund massiver Proteste aus Purfing hat der Gemeinderat Vaterstetten eine Verlängerung der FTO nach Süden bis zur B304 bereits im April 2010 abgelehnt – unter anderem deshalb, weil eine solche Straße noch mehr Verkehr auf das Gemeindegebiet ziehen würde. Die Ablehung erfolgte übrigens einstimmig, also auch mit den Stimmen der Freien Wählern. Allerdings saß Herbert Uhl damals noch nicht im Gemeinderat.