Am Sonntag sind Kommunalwahlen in unseren B304-Gemeinden Haar, Grasbrunn und Vaterstetten. Und: Kommunalpolitik findet vor der Haustür statt – und zwar im wahrsten Sinn des Wortes, denn nicht nur Hochhäuser, Büchereien oder Radwege, schon der Bürgersteig vor dem Haus ist eine kommunale Angelegenheit. Doch wer hat das Sagen in einer Gemeinde? Ist es der Bürgermeister als Chef der Verwaltung oder das Kommunalparlament, also der Gemeinderat? B304.de hat die wichtigsten Fakten für Sie zusammengefasst.
Gullydeckel, Mülltonnen, Turnhallen, Hochhäuser oder Radwege – um wirklich aufregende Dinge scheint es in der Kommunalpolitik nicht zu gehen. Die wichtigen Entscheidungen, die werden doch ganz woanders getroffen: auf Bundesebene und in Europa! Ist das wirklich so? Nein, ganz im Gegenteil: Vieles ist kommunale Angelegenheit: Das Wasser aus dem Wasserhahn, der Bus zur Schule, die Straße, über die er fährt, das Freibad und der Sportplatz, die Knöllchen für Falschparker und die Freiwillige Feuerwehr. All das klingt zunächst nicht nach Politik und ist es doch. Denn Politik findet immer statt, wenn Menschen zusammen Entscheidungen treffen. Und zu entscheiden gibt es in Grasbrunn, Haar und Vaterstetten wahrlich genug. Besonders, weil das Geld chronisch knapp ist.
Kleines oder großes Schulzentrum, Ortsmitte, Hochhäuser, Gewerbegebiete, Umgehungsstraßen, Radwege, Turnhallen – solche Fragen kann man nicht vom Bund oder von Europa aus beantworten. So etwas löst man am besten in der Gemeinde selbst. Deshalb heißt es im Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland: „Den Gemeinden muss das Recht gewährleistet sein, alle Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft im Rahmen der Gesetze in eigener Verantwortung zu regeln“ (Art. 28, 2 GG). Es gilt: Was man vor Ort entscheiden kann, soll nicht von höherer Ebene entschieden werden (das Prinzip der Subsidiarität).
Doch wer entscheidet in der Gemeinde was?
Ausgangspunkt aller politischen Macht ist das Volk. Die Einwohnerinnen und Einwohner der Gemeinden Grasbrunn, Haar und Vaterstetten wählen alle sechs Jahre den Bürgermeister und den Gemeinderat. Die Anzahl der zu wählenden Gemeinderäte hängt von der Größe der Gemeinde ab. In Grasbrunn sind es 20, in Haar 24 und in Vaterstetten 30. In Vaterstetten wurde Georg Reitsberger im Herbst vergangenen Jahres in das Amt des Bürgermeisters gewählt, weil Robert Niedergesäß vorzeitig Gottlieb Fauth beerbt hat, der aus Krankheitsgründen das Amt niedergelegt hatte.
Der Gemeinderat hat das letzte Wort!
Der Gemeinderat ist das Hauptorgan der kommunalen Selbstverwaltung und entscheidet über die Angelegenheiten der Kommune. Hauptorgan heißt praktisch: Der Gemeinderat hat das letzte Wort. Die gewählten Gemeinderätinnen und Gemeinderäte arbeiten immer ehrenamtlich, sie erhalten lediglich eine Aufwandsentschädigung für ihre Tätigkeit. Damit sollen Telefon- und Portokosten, der Arbeitsausfall und Fahrtkosten abgedeckt werden. Wählen lassen kann sich in der Regel jede/r, der oder die auch wahlberechtigt ist.
Aufgabe des Gemeinderates ist es, Vorlagen der Verwaltung und Anträge der Fraktionen zu beraten und zu beschließen. Außerdem kontrolliert der Gemeinderat die Verwaltung – zum Beispiel durch Anfragen. Der Höhepunkt im Jahr ist der Beschluss des Haushaltsplans. In ihm wird festgelegt, für welche Aufgaben im kommenden Jahr wie viel Geld zur Verfügung steht. Die Arbeitsweise des Gemeinderates, z.B. wie die Sitzung abläuft oder wer wann Anträge stellen darf, sind in der Geschäftsordnung des Gemeinderates festgeschrieben. Gemeinderatssitzungen sind grundsätzlich öffentlich und müssen vom Bürgermeister in regelmäßigen Abständen einberufen werden. Wenn es dringende Angelegenheiten zu beraten und zu beschließen gibt, können die Gemeinderäte zusätzlich auch außerhalb der regulären Fristen Sitzungen abhalten.
Der Bürgermeister
In den Gemeinden Grasbrunn, Haar und Vaterstetten arbeitet der Bürgermeister hauptamtlich. Sie sind Verwaltungsbeamte auf Zeit – sogenannte Wahlbeamte, denn natürlich können sie wieder abgewählt werden. Der oder die Bürgermeister/in ist Chef/in der Verwaltung und auch Vorsitzende/ r des Gemeinderates und der Ausschüsse.
Die Aufgabenpalette des Amtes ist vielfältig: Das Rathauspersonal führen, Gemeinderatsentscheidungen vorbereiten und umsetzen, die Gemeinde nach außen repräsentieren, mit anderen Politikern Kontakt halten und die Interessen der Kommune auf Landesebene vertreten gehört ebenso dazu wie die Aufsichtsräte kommunaler Unternehmen zu leiten. Der oder die Bürgermeister/in ist die Schnittstelle für die Bürgerinnen und Bürger, den Gemeinderat und die Verwaltung.
Kommunale Entscheidungen
Es gibt drei Wege, auf denen etwas zum Gegenstand kommunalpolitischer Entscheidungen werden kann. Die Initiative kann von den Gemeinderäten ausgehen, vom Bürgermeister oder ein bestimmtes Thema wird durch das Engagement von Einwohnerinnen und Einwohnern auf die politische Tagesordnung gesetzt. Die meisten Entscheidungsvorschläge kommen von der Verwaltung selbst. Die Fraktionen können ihrerseits Anträge stellen. Ein Antrag enthält einen konkreten Vorschlag, was und warum es beschlossen werden soll und wie die Umsetzung finanziert werden kann. Zunächst wird alles in den Ausschüssen vorberaten. Hier ist der Ort für die Detailarbeit, für die fachliche Debatte.
In der Gemeinderatssitzung nehmen die Fraktionen dann öffentlich zu dem Vorschlag Stellung. Sie legen dar, ob und warum sie den Vorschlag für gut oder schlecht halten. Am Ende der öffentlichen Debatte kommt die Abstimmung. Erhält die Vorlage oder der Antrag eine Mehrheit, ist der Beschluss verbindlich und muss nun durch die Verwaltung umgesetzt werden.
Die Bürgerinnen und Bürger müssen eine Entscheidung des Gemeinderats jedoch nicht kritiklos hinnehmen. Sind sie mit einem Beschluss nicht einverstanden, können sie ein Bürgerbegehren initiieren, mit dem sie beantragen, dass die Angelegenheit in einem Bürgerentscheid von den Bürgern direkt entschieden werden soll. Für ein solches Bürgerbegehren müssen Unterschriften gesammelt werden – je nach Gemeinde und Bundesland zwischen ein und zwanzig Prozent der Wahlberechtigten. Sind die Unterschriften zusammen, dann findet ein Bürgerentscheid statt. So können die wahlberechtigten Bürger sogar selbst zum Entscheidungsträger kommunaler Angelegenheiten werden, indem sie der betreffenden Beschlussvorlage zustimmen oder sie ablehnen. Ein Bürgerbegehren kann natürlich auch gestartet werden, ohne dass es sich gegen einen Gemeinderatsbeschluss wendet.